"Sag mal rudert ihr jetzt im Winter auch?"
"Solange das Wasser noch flüssig ist, ja."
"Tragt ihr dann auch einen Neoprenanzug?"
"Nein, darin kann man sich nicht bewegen. Aber zumindest im Einer trage ich eine Schwimmweste."
"Ihr seid schon ziemlich verrückt, oder?"
Ich weiß echt nicht, wie oft ich diesen Dialog in den letzten Wochen schon geführt habe und wie viele ungläubige Blicke ich dabei schon geerntet habe. Ja, wir Ruderer sind so bekloppt, im Winter aufs Wasser zu gehen. Weil wir nämlich nicht bekloppt genug sind, uns vier Monate lang jeden Tag ein- bis zweimal aufs Ergometer zu setzen.
Dabei ist es noch nicht mal so richtig kalt dieses Wochenende. Es ist nur etwas... ungemütlich. Die Temperaturen bewegen sich zumindest tagsüber bei dem, was die Politik als schwarze Null verkaufen würde. Die Sonne ist am grauen Firmament leider nicht auszumachen. Irgendetwas undefinierbar feines, feuchtes, fisseliges fällt vom Himmel (Nieselschnee oder so, oder vielleicht so'n Zwischending aus Nebel und Regen). Und es ist windig. Früher dachte ich immer, Nebel und Wind zusammen geht nicht, aber fünf Jahre Hamburg haben mich eines Besseren belehrt.
Wir haben das große Los gezogen und legen ab, als sich Wind und Tide auf der Süderelbe gerade entgegenstehen.
Bis wir an der Reiherstiegschleuse angekommen sind, sind mein Hintern, mein rechter Arm und mein rechtes Bein nass. Caros Fersen stehen im Wasser.
Unangenehm, aber nicht tragisch, wir müssen nur in Bewegung bleiben.
Nach einem guten Kilometer sagt Markus plötzlich: "Bin gleich wieder da." Und fährt mit Vollgas an uns vorbei. Ich drehe mich um und sehe einen Mann neben einem Binneschiff im Wasser treiben. Zum Glück trägt er einen Überlebensanzug und bis Markus bei ihm ist, haben auch seine Kollegen schon eine Leiter vom Schiffsdeck heruntergelassen.
Ein paar Kilometer später begegnen wir einem bärtigen Stand-up Paddler in Cargohosen und Fleecejacke, der gemütlich über den Reiherstieg fährt. In der Schleuse bleibt kurz die Möglichkeit zum Plausch:
"Willst du jetzt wirklich über die Elbe?"
"Ja, ich bin vorhin auch schon da hergekommen."
"Hast du keine Angst, reinzufallen?"
"Ich lag vorhin schonmal drin. Habe ja einen Neoprenanzug drunter. Und außerdem bin ich ja am Board festgebunden, dann kann mir das nicht wegschwimmen. Sonst bin ich immer auf der Alster unterwegs, aber die ist ja heute Nacht zugefroren."
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