Aussicht vom Frühstückstisch |
Also habe ich mich auf der Liste am schwarzen Brett eingetragen: Name: Judith Anlauf, Abteilung: M3, Bemerkungen: Vorbehaltlich Regattaplanung. Damit bin ich dabei, beim Lauf zwischen den Meeren. Von Husum geht es über 10 Etappen und knappe 97km an die Ostsee nach Damp. Schnell stelle ich bei unseren Vorbereitungstreffen fest, dass meine Kollegen echte Profis sind. Generalstabsmäßig wird geplant, wer aufgrund seiner geschätzten Laufgeschwindigkeit wann an welchem Wechselpunkt ist, und welcher Bus genommen werden muss, um rechtzeitig den Staffelstab entgegennehmen zu können. Meine Zeit wird von meinen Kollegen auf eine 4:30min/km geschätzt, was mir in Anbetracht der Tatsache, dass mein Halbmarathon-erprobter Kollege nur eine 4:45 laufen will dann doch verdammt fix vorkommt...
Freitag nachmittag geht es dann gleich von der Arbeit aus los nach Damp, wo wir unser Basislager in einem Ferienhaus aufschlagen. Ich werde der Geschlechtertrennung halber ausquartiert und schlafe mit zwei Kolleginnen, die in einem anderen Team starten in einer Hütte auf dem nahegelegenen Campingplatz. Nicht ganz so cool wie das Haus der Jungs, dafür aber direkt am Strand.
Freitag abend gibt's noch Nudelparty für alle Sportler und wir gehen nochmal Streckenverteilung und Busfahrpläne durch. Einer meiner Mitstreiter ist leider ausgefallen, so dass ich statt der letzten Strecke seine Strecke - von Fleckeby nach Gammelby - übernehme. Jörn muss die erste und die letzte Strecke laufen.
Während ich noch am Frühstückstisch sitze und so langsam doch nervös werde (und das obwohl der Lauf auf der Wichtigkeitsskala für mich irgendwo in der Größenordnung des Schwimmfests rangiert) ist Jörn schon unterwegs nach Husum.
Er und Simon, unser zweiter Läufer, legen ordentlich vor und unser Timekeeper kann vermelden, dass wir knapp 10 Minuten vor dem Plan liegen, als er mich kurz vor meinem Start anruft. Ich stehe in Fleckeby auf dem Sportplatz. Es ist ein Uhr mittags und ich kann mir aussuchen, ob ich lieber in der Sonne oder im Matsch warten möchte. Ich gebe meine Tasche im Zelt ab und hoffe, dass sie auch wirklich nach Gammelby transportiert wird, dann stelle ich mich in die Wechselzone und warte ungeduldig darauf, dass ein blaues T-Shirt mit Glatze um die Ecke gebogen kommt. Tom drückt mir dem Staffelstab in die Hand, gibt mir einen Schubs und dann bin ich auch schon unterwegs auf meiner Etappe. Erst geht es über sandige Feldwege am See vorbei. Ich habe Mühe, einen Rhythmus zu finden und bekomme Seitenstechen. Blos nicht unseren Vorsprung kaputtgehen lassen.
Es ist schwül und ich habe das Gefühl gar keine Luft einzuatmen, sondern einen stinkenden, feuchten Brei. Es geht auf die Straße, und von hinten Schnauft eine Läuferin auf mich zu. Ich versuche, gegenzuhalten, bekomme aber wieder nur Seitenstechen. Zwei andere Läufer kann ich unterwegs noch überholen, dann taucht vor mir endlich das 1km-Schild auf. Ich versuche, nochmal schneller zu laufen. Ich laufe durch das Dorf auf die Wechselzone zu, die Anwohner feuern mich an. In der Wechselzone stehen gefühlte zehn Leute in blauen Airbus-Shirts. Ich Renne stumpf an Johannes vorbei, er reisst mir den Staffelstab aus der Hand und rennt los. Etappe geschafft. Meine Tasche ist tatsächlich angekommen, so dass ich kurze Zeit später im Basislager anrufen kann: Übergabe ungefähr 14:05, ich habe tatsächlich die 4:30 geschafft.
Mit dem Bus geht's zurück nach Damp, mit dem Rest des Teams laufen wir zum Hafen und warten auf Jörn. Die letzten Meter laufen wir alle gemeinsam. Platz 26, in 6:55 Stunden. "Das ist 40min schneller als letztes Jahr" freuen sich meine Kollegen. Und für mich steht fest: Nächstes Jahr bin ich wieder dabei!