Es fing mit einem leichten Kratzen im Hals am Sonntagabend an. Am Dienstag war daraus dann doch ein echtes Halsweh geworden - ansonsten fühlte ich mich aber noch relativ fit. Etwas ratlos rief ich Herti an - schließlich sollte es am Mittwoch ins Trainingslager gehen, und im DRV gilt die knallharte Ansage: krank anreisen ist nicht! Somit machte ich mich dann am Mittwoch morgen nach einigen Telefonaten mit Bundestrainer und Verbandsarzt statt auf den Weg nach Sevilla erstmal auf den Weg ins AK St. Georg zu Sportmediziner Michael Ehnert. Der Flug wurde erstmal auf Freitag umgebucht.
Michael betreut an seinem sportmedizinischen Institut alle Hamburger Kaderathleten - und er macht das verdammt gut. Er gehört zu den Ärzten, bei denen man sich schon allein dadurch gleich wieder viel gesünder fühlt, weil er sich in aller Ruhe mit einem beschäftigt. Seine Diagnose nach ausführlichem in den Hals gucken, Fieber messen ("Du denkst also, die 38,9 Grad sind bei dir normal? - Haha, verarscht... 35,5..."), im Gesicht rumklopfen, Wattestäbchen in den Hals schieben und Blut abnehmen war dann: Nebenhöhlenentzündung. Ansteckend bin ich nicht, aber Sport machen kann man mir jetzt gerade auch nicht so richtig empfehlen. Na ja, abwarten und Tee trinken... sehr viel Tee.
Am Donnerstag meinte dann meine Nase, sie müsse auch noch ins Geschehen eingreifen, und wenn die Nase dicht macht, lassen sich die Ohren den Spaß auch nicht entgehen... Ich trinke also sehr, sehr viel Salbei-, Thymian-, Ingwer-, Kamillen- und Isländischmoostee und hüte das Bett. Die Menge an Homöopathika, die ich im Laufe des Tages zu mir nehme, geht mit Sicherheit schon als vollständige Mahlzeit durch und auch Michaels Nasenöl benutze ich brav, auch wenn mein Frühstückskaffee dadurch nach Eukalyptus schmeckt.
Es ist schon erstaunlich: da hat der Mensch Impfungen gegen Polio und Masern entwickelt und kann Tuberkulose heilen, aber eine alltägliche, kleine Nebenhöhlenentzündung kann man im Großen und Ganzen nur versuchen würdevoll zu ertragen.
Ich stelle mir vor, was wohl passieren würde, wenn die NADA jetzt hier aufkreuzen würde... zum Einen weiß ich gar nicht, wie viele Zeichen in das Feld für Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel reinpassen, zum Anderen bräuchte ich mit Sicherheit 3 Versuche, bis ich eine halbwegs zulässige Urindichte produzieren könnte...
Natürlich lässt mich Michael am Freitag auch noch nicht fliegen "verwöhnt" mich aber stattdessen mit einer Nasentamponade - "Ich steck dir jetzt einen Haufen mit Wachs und Nasenspray getränkter Gaze in die Nase... wenn die Patientin anfängt, zu weinen, dann weiß man, dass man tief genug drin ist, dann sind wir nämlich bei den Tränendrüsen... so, dass bleibt jetzt knapp 10 Minuten drin..."
Nach einer guten halben Stunde befreit er mich dann auch von den gefühlten 20 Metern Mullbinde in meiner Nase. Aber, das muss man ihm lassen, die Nase ist jetzt frei...
Trotzdem packt mich der Blues als ich wieder zu Hause bin. Da hat man vier Tage lang alles menschenmögliche gegen diese bekloppte Entzündung getan und was hat es gebracht? Genau, nichts!
Mir ist langweilig und ich fühle mich nutzlos. Ich habe keine Lust mehr, Tee zu trinken. Dass das Wasser in Sevilla angeblich nicht so toll ist, ist auch kein Trost. Von mir aus könnte es da auch schneien, ich wäre trotzdem lieber dort als hier.
So, jetzt ist das mal raus. Vielleicht passt in die dadurch entstandene Lücke ja doch wieder eine Tasse Tee...
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