Judith trainiert... in Avis


Vor gut 12 Stunden bin ich noch durch die A380-Montage geturnt, und jetzt stehe ich am Bahnsteig, bereit zum Aufbruch. Wenn denn die Bahn mal pünktlich kommen würde... ich habe zwar etwas Zeitpuffer, aber eine um 20min verspütete S-Bahn ist schonmal kein guter Start in den Tag. Ich schaffe es noch pünklich zum Flughafen, stehe dort aber vor dem nächsten Problem: der Checkin-Automat fragt mich nach dem Buchungscode, den ich natürlich nicht dabeihabe. Beim zweiten Versuch klappts dann doch mit Perso und Flugnummer. Noch eben meinen riesigen Trekkingrucksack zum Sperrgepäckschalter gebracht – ich habe Gepäck für vier Wochen an drei unterschiedlichen Orten - dann schnell durch die Sicherheitskontrolle. Die ist Mittwochmorgens um halb sieben gottseidank noch recht leer.

„Boarding completed“ - und dann stehen wir da erstmal für eine knappe halbe Stunde, bis die Flugsicherung uns die Starterlaubnis erteilt, denn in Frankfurt hat es geschneit und es dürfen nicht so viele Flugzeuge landen.

Wenigstens hat sich das frühe Aufstehen in einem Punkt gelohnt: ich darf einen wunderschönen Sonnenaufgang über den Wolken erleben.

In Frankfurt treffe ich auf Marie, die morgens schon aus Berlin hergeflogen ist und die undankbare Aufgabe bekommen hat, noch einen Zweiersatz Ausleger mitbringen zu müssen. (Der Dialog am Sperrgepäckschalter muss wohl legendär gewesen sein... „Also, ja, wie haben hier so'n paar so Carbondinger...“ - „Das sind AUSLEGER für ein RUDERBOOT!!“ - „Hab ich doch gesagt, so Carbondinger eben...“)
Kurze Zeit später haben auch unser Trainer Ralf und Leonie, die dritte im Bunde, die Sprengstoffkontrolle passiert und wir können uns endlich bei leichtem Schneeregen ins Flugzeug nach Lissabon setzen.

Andi, der Fahrer des Bootstransports, holt uns vom Flughafen ab. In Lissabon geht es zuerst über eine siebzehn Kilometer lange Brücke. Wahnsinn! Noch wahnsinniger ist allerdings das Wetter. Ich habe das Gefühl, statt eines normalen Fluges mit Ortswechsel einfach einen Zeitsprung in den Mai gemacht zu haben. 15° und Sonne. Supergeil.

Noch mehr staunen muss ich, als wir in Avis ankommen: Wenn man hier nicht perfekt trainieren kann, wo dann? Wir sind in einem 4-Sterne-Hotel im Bauhaus-Stil untergebracht, das neben einem Panorama-Pool (der allerdings jahreszeitlich bedingt doch zu kalt ist) über einen riesigen Fitnessraum mit nagelneuen Ergometern und einen eigenen Bootsanleger am Stausee verfügt.
Schnell haben wir den Zweier und einen Einer aufgeriggert, dann geht’s nochmal eine Stunde Rudern, bevor die Sonne hinter die Berge fällt und es schnell richtig kühl wird.
Ich für meinen Teil falle um halb neun ins Bett, nachdem ich noch mit der Quadratur des Problems der Lichschalter in 4-Sterne-Hotels gekämpft habe – wir haben einen Haufen Stehlampen im Zimmer, die alle an Steckdosen hängen, die über Lichtschalter schaltbar sind. Zusätzlich gibt es aber auch noch Schalter an den Lampenkabeln... nach zehn Minuten habe ich endlich alles aus.

Morgens hängt dichte Nebelsuppe über dem See, so dass wir erstmal nicht rudern gehen können. Also ab aufs Ergo, und dann noch ein bisschen Kraftttraining. Nachmittags scheint dann aber wieder die Sonne und wir schwingen uns wieder in die Boote. Ich rudere im Einer bis zum Ende des Sees und wieder zurück über spiegelglattes Wasser und durch eine Stille, wie ich sie sonst nur auf dem Embalse de Valmayor erlebt habe.

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